Jugendwörter mit V und die Vong-Sprache im Überblick
Wenn der Vollhorst untalentiert mit der Vollpfostenantenne wedelt und die Altherren-Fußballmannschaft mit stolzen Vokuhilas die Vereinsfahne pflegt, dann wird klar: Hier hat die Jugendsprache zugeschlagen. Ein Beispiel für die Kreativität und den Humor dieser Sprache in der Sprache geben viele Jugendwörter mit V, die wir euch in diesem Artikel näher vorstellen möchten.
Eher bizarr wirkt dagegen die sogenannte Vong-Sprache, eine eigenwillige Ausprägung der Jugendsprache, über deren Entstehung ihr nachfolgend ebenfalls mehr erfahren könnt.
Alle Jugendwörter mit V beginnend könnt ihr in unserem Jugendsprachlexikon finden.
V wie Vergnügen – eine Liebesgeschichte
Verliebtheit, Zärtlichkeit, Sexualität und die große Liebe sind typische Themen der Jugend und damit auch der Jugendsprache. Es versteht sich daher, dass auch die Jugendwörter mit V von entsprechenden Begriffen geprägt sind, wie die nachfolgende Geschichte zeigt:
Es war zu Beginn des neuen Semesters. Gelangweilt saß Ben in der Vorlesung. Nur mit Mühe konnte er den Ausführungen seines Professors folgen, der ihn mit seinem prächtigen Vokuhila („Vorne kurz, hinten lang“ - Typische Frisur der 70er- und 80er-Jahre, bei der man die Haare am hinteren Kopfteil lange wachsen lässt, während sie an der Stirn kurz geschnitten werden.) an ein Relikt aus den 70er Jahren erinnerte. Die Vorlesung lief erst wenige Minuten, als sich die Tür öffnete und Tina das Auditorium betrat. Ben war mit einem Schlag hellwach. Tina war definitiv vierlagig (außerordentlich toll) und genau sein Typ. Sie war groß, schlank und hatte blonde mittellange Haare. Noch dazu war sie an Nase, Lippe und Ohren vollgelocht (gepierct); zumindest waren das die Piercings, die Ben erahnen konnte.
David Bowie war einer der berühmtesten Vokuhila-Träger. Im Gegensatz zu manch anderem stand ihm diese typische Frisur der 70er und 80er jedoch.
Glück gehabt
Das Glück meinte es gut mit Ben, denn Tina setze sich genau auf den freien Platz direkt neben ihm. Sie lächelte ihn kurz an, dann folgten beiden den geistigen Ergüssen des Dozenten. Auch der Abschied am Ende der Vorlesung fiel zu Bens Bedauern nur kurz aus. Kurze Zeit später erlebte Ben dann jedoch eine freudige Überraschung. Gerade auf dem Weg in die Raucherecke entdeckte er seinen vollgelochten Schwarm, wie er am Rand des Raucherbereichs stand und entspannt an einer E-Zigarette zog. „Das ist aber ein schnelles Wiedersehen“, sagte Ben, als er sich neben Tina stellte und rasch kamen beide ins Gespräch.
In den folgenden Tagen trafen sie sich immer wieder in der Raucherecke, um entspannt zu vapen (elektronische Zigarre rauchen) und zu quatschen, bis Ben einen mutigen Anlauf nahm: „Soll ich dir am Wochenende mal ein paar Clubs zeigen?“ Tina war nicht abgeneigt und so machten sie sich wenige Tage später auf ins Nachtleben. Zwar mussten beide in den lauten Clubs sehr engagiert vokalisieren (brüllen, laut reden), um sich zu verstehen, dennoch war es ein ausgelassener Abend.
Vom Verräumen und Verschnürt sein
Ben war begeistert von Tina und auch sie schien ihn nicht übel zu finden. In einem kurzen Moment zog sie ihn mitten im Club an sich heran und küsste ihn innig. Beide vergönnten (öffentlich herumknutschen) sich eine innige Zeit der Zweisamkeit, um anschließend weiter zu tanzen und zu feiern. Als Ben Tina nach Haus bringen wollte, fragte sie ihn, ob er nicht noch etwas bleiben wolle. Ben hoffte sehr, dass Tina ihn nicht nur verräumen wollte (jemand mit nach Hause nehmen, um Sex mit ihm zu haben), doch die blonde Schönheit schien es ernst mit ihm zu meinen. Bei einem Bier redeten die beiden noch lange und kuschelten auch etwas, bevor Tina Ben mit einem erneuten innigen und leidenschaftlichen Kuss verabschiedete. Voller Schmetterling im Bauch machte sich Ben auf den Heimweg. Er wusste, dass er für Tina nicht nur ein netter Zeitvertreib gewesen war, sondern dass sie gerne fester mit ihm verschnürt sein (zusammengehören, jemand sehr mögen) wollte. „Das wird ein gutes Semester“ sagte sich Ben leise und macht vor Freude einen kleinen Luftsprung.
Humorvolle Begrifflichkeiten bei den Jugendwörtern mit V
Die Jugendwörter mit V zeigen eindrücklich, dass die Jugendsprache nicht nur derbe und deutliche Wörter kennt, sondern auch humorvolle Begrifflichkeiten und Eigenkreationen:
- Vermutlich würde bei einer Vereinsfahne jeder an ein stolzes Banner denken, das das Wappen und den Namen des Vereins in luftiger Höhe präsentiert. Nicht so die Jugendsprache, denn sie spielt mit ihrer eigenen Definition des Begriffs auf die Neigung vieler Fußballfans für den Konsum alkoholischer Getränke an, so dass sie mit der Vereinsfahne das gemeinsame Saufen in einem Verein beschreibt.
- Es bleibt fraglich, ob die Jugendsprache mit der Vaginalfachverkäuferin eine charmantere Bezeichnung für den Beruf der Prostituierten gefunden hat. Deutlich humorvoller klingt er allerdings in jedem Fall.
- Eine äußerst kreative Bezeichnung für den Selfie-Stick, der nicht nur von asiatischen Touristen gerne verwendet wird, um sich vor berühmten Sehenswürdigkeiten selbstbestimmt abzulichten, hat die Jugendsprache mit der Vollpfostenantenne geprägt. Sie spielt damit auf das Verhalten vieler „Selfie-Jünger“ an, sich beim Erstellen ihrer Selbstportraits nicht immer sehr geschickt zu verhalten bzw. nicht mehr daran zu denken (jugendsprachlich: verhängen), dass sie mit diesem Verhalten leicht zu einem wandelnden Hindernis für Fußgänger und Passanten werden.
- Verhältnismäßig bekannt dürfte die Bezeichnung Vollhorst für einen bescheuerten Menschen sein. Unbekannter ist dagegen vermutlich die Umschreibung für den Versuch des Erklärens bzw. Begreiflichmachens für Vollhorste, der in der Jugendsprache verdeutschen genannt wird.
- Während die Tätigkeit des DJs (Disc Jockey) auch älteren Generationen bekannt sein dürfte, beschreibt die Jugendsprache mit dem VJ eine Tätigkeit, die erst durch Musik-TV-Sender und später durch Videoportale wie „Youtube“ möglich wurde, nämlich das Ansagen von Musikvideos. Im Vergleich zu den anderen humorvollen Jugendwörtern allerdings eine äußerst pragmatische „Berufsbezeichnung“
Nicht immer verlaufen Selbstportraits so störungsfrei für Passanten wie bei dieser Strandaufnahme. Denn oft genug stellen sich Freizeitfotografen im Umgang mit ihrem Selfie-Stab reichlich ungeschickt an, was ihrem Werkzeug in der Jugendsprache die wenig ruhmhafte Bezeichnung als Vollpfostenantenne eingebracht hat.
„Vong ... her“ – die Sprache in der Jugendsprache?
Es war eine spontane Idee, eine Scherz-Facebook-Seite mit dem Titel „Nachdenkliche Sprüche mit Bilder“, online gestellt von einem 32-jährigen Großhandelskaufmann aus Amberg, die Mitte der 2010er-Jahre einem ganz eigenen Sprachphänomen zu großer Bekanntheit verhalf: Der Vong-Sprache.
Eigentlich wollte Sebastian Zwarel, der Autor der Seite, sich nur etwas lustig machen über Facebook-Beiträge mit mehr oder weniger besinnlichen Bildern und meist falsch geschriebenen Sprüchen. Heute ist daraus ein Phänomen geworden, das die vor allem im Social Media häufig anzutreffenden schlechten Sprachgewohnheiten vieler User bewusst überzeichnet und parodiert. So verwendet die Vong-Sprache gezielt überzogene Anglizismen, phonologisch ähnliche aber sinnlose Wörter (sog. Malapropismus, Beispiel „zum Bleistift“), grammatische Fehlstellungen sowie absichtliche Tipp- und Rechtschreibfehler, um eine bewusst absurde Sprache zu erschaffen. Neben der mehr als holprigen Sprache sind zudem auch die mit der Vong-Sprache gesprochenen Inhalte in aller Regel weitestgehend sinnbefreit und eher humorvoll als ernst gemeint.
Regeln der Vong-Sprache
Im Lauf der Zeit haben sich für die Parodiesprache der Vong-Sprache allerdings feste Regeln etabliert, die der Anfang eher spontanen Idee einen festen Rahmen geben. So werden zum Beispiel die unbestimmten Artikel „ein“ und „eine“ immer durch die Zahl 1 ersetzt, selbst wenn diese innerhalb eines Wortes verwendet werden (Bsp.: Heinz = H1). Die Buchstaben „ä“ und „e“ werden meistens vertauscht (Bsp.: Gräser = Greser), bei doppelten Konsonanten wird ein Konsonant ausgelassen (Bsp.: bellen = belen).
Einige bekannte Beispiele der Vong-Sprache – nachzulesen auch auf unserer Seite unter der Auswahl zum Jugendwort des Jahres 2017:
- „I bims“
- „Was ist das für 1 Life?“
- „Woher kome I, vong Ursache her?“
Vong-Sprache gleich Jugendsprache?
Strittig ist die Frage, ob die Vong-Sprache zur Jugendsprache gezählt werden kann, oder ob diese als ein eigenes und von der Jugendsprache getrennt entstandenes Phänomen betrachtet werden muss. Doch auch wenn beide „Sprachen“ immer wieder in eine enge Verbindung gebracht werden, so stellte die Plattform Yougov.de in einer Studie vom Oktober 2017 fest, dass die Vong-Sprache zwar bei 81-Prozent der unter 25-Jährigen bekannt ist, 59 Prozent der „Kenner“ jedoch von diesem Sprachphänomen genervt sind.
Bildnachweise
Titelbild - via getstencil für 1337 UGC GmbH
Bild 1 - David Bowie - AVRO via Wikimedia Commons, CC BY-SA 3.0, https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/d/d0/David_Bowie_-_TopPop_1974_03.png
Bild 2 - Selfie Stick - via getstencil für 1337 UGC GmbH