Vokale und Konsonanten in der Sprachentwicklung
Ich hatte vor ein paar Tagen ein sehr anregendes Gespräch über Sprachentwicklung mit einer guten Freundin. Sie jobbt neben dem Studium gelegentlich als Tagesmutter und berichtete mir von einem Kind, das von seinen Eltern in vier verschiedenen Sprachen aufgezogen wird. Die Mutter spricht japanisch, der Vater deutsch, Mutter und Vater haben sich immer auf Englisch unterhalten und das fest angestellte Kindermädchen redet mit dem Kind auf Französisch.
Das Kind schreit, wie die Mutter redet
Kurz nachdem sie mir davon erzählte, kam mir ein Artikel in den Sinn, den ich vor kurzem gelesen hatte. Er befasste sich mit dem Einfluss der Muttersprache auf die Schreimelodien der Babys. Da hab ich mich dann schon gefragt, wie das Kind, von dem mir meine Freundin erzählte wohl geschrien haben muss – bei gleich vier Sprachen. Denn die ersten Sprachen, die ein Kind hört, prägen auch seine Schreimelodie. Und welche genaue Rolle spielen eigentlich Vokale und Konsonanten in der Sprachentwicklung?
Sprache beginnt schon mit dem Schreien
Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Kognitions- und Neurowissenschaften haben herausgefunden, dass französische Neugeborenen häufiger mit ansteigender Schreimelodie lallen, wobei sich deutsche Neugeborene eher mit absteigender Tonhöhe zu Wort melden. So rufen französische Kinder nach dem "Papá", während die deutschen nach ihrem "Pápa" verlangen. Zu dieser Erkenntnis kamen die Forscher, indem sie die Reaktionen von vier Monate alten Kindern auf eine fremde Sprachmelodie beobachteten. Die Untersuchungen am EEG zeigten, dass deutsche Kinder auf die unübliche Endbetonung verstört reagieren und das Gehirn eine besondere Aktivität aufzeigt.
Erste Laute haben weltweit gleiches Muster
Dabei folgen die ersten Laute, die Babys auf der ganzen Welt machen, demselben Schema. Unabhängig von der Muttersprache oder der Sprache die sie in den ersten Tagen und Monaten umgibt, formen Kleinkinder beim ersten Lallen und Plappern die gleichen Vokale und Konsonanten. Dazu untersuchten die Forscher nicht nur europäische Sprachen, sondern befassten sich auch mit Hebräisch, Estnisch, Suaheli und der Maori-Sprache.
Drei Muster prägen Sprachentwicklung
Dabei entdeckten sie, dass die Lippenkonsonanten p, b oder m gefolgt von einem zentral gesprochenen Vokal ein weltweit gleiches Lautmuster bilden. Daraus ergibt sich auch das universelle „Mama“.
Ein weiteres Muster ist verantwortlich für das ebenso universelle „Dada“. Es bildet sich aus den koronalen (Artikulationsort am vorderen Teil der Zungen) Konsonanten t, d oder n, die von der Spitze der Zunge kommen, und einem Vokal.
Das dritte Muster entsteht im hinteren Bereich des Vokaltraktes und setzt sich aus dorsalen (Artikulationsort am Zungenrücken) Konsonanten wie k und g sowie dem Vokal o zusammen - "Gogo". Die ersten komplett geformten Wörter mit Bedeutung liegen somit folgender Formel zu Grunde:
Lippenkonsonant (p, b, m) + Vokal + Koronalkonsonant (t, d, n) = etwa "put" für das Wort „kaputt“.
Das Kind, von dem mir meine Freundin erzählte, wird demnach, trotz seiner viersprachigen Erziehung, dieselben ersten Laute und Wörter herausbringen, wie jedes andere Kind auch. Spannend wird seine Schreimelodie jedoch allemal gewesen sein, doch dafür ist es mit zwei Jahren jetzt leider schon zu alt.
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Wenn ihr auch Kuriositäten in der kindlichen Sprachentwicklung erlebt habt, oder von euren Eltern lustige Wortschöpfungen aus der eigenen Kinderzeit überliefert bekommen habt, dann teilt sie mit uns in den Kommentaren!
Bildquellen
- 3372160289_e8cb87807b_o-web_141367_by-d_sharon_pruitt_piqs_de: D. Sharon Pruitt: “Free Sweet Baby Kisses Family Love ” / Quelle: piqs.de Some Rights reserved