Die fabelhafte Welt der Anagramme
Guten Tag, mein Name ist Aether Redseligste und ich möchte heute mit euch über Mama-Garne reden. Das sind die Wollreste, die schon seit Jahren unordentlich auf dem Schrank verstauben, weil die Mama keine Lust mehr hat, zu stricken. Aber wenn man diese Garne benutzt – für einen schönen Schal zum Beispiel – dann ergeben sie plötzlich wieder Sinn. Und vielleicht macht der ganze Quatsch hier auch wieder Sinn, wenn ich euch sage, dass sich Buchstaben genau so verknoten lassen wie Wolle. Da kann dann plötzlich aus dem Namen Theresa Steigleder das Anagramm Aether Redseligste werden. Und aus dem alten Mama Garn können wir dann doch wieder das Wort Anagramm formen. Willkommen also in der fabelhaften Welt der Anagramme!
Das Anagramm in Spielen
Aus Buchstabensalaten Worte zu kreieren kennen wir alle aus Wortspielen wie Scrabble oder lustigen Silbenrätseln. Mit Anagrammen funktioniert das ein wenig anders. Man erschafft nicht das sinnvollste Wort aus scheinbar unzusammenhängenden Buchstaben, sondern versucht, aus bestehenden, sinnvoll zusammenhängenden Buchstaben neue Wörter mit Sinn zu bauen.
Mit Anagrammen können viele tolle Sachen gemacht werden. Zum Beispiel kann man ulkige Rätsel erstellen:
Entchens Wichte mit den Erbsenzweigen wurde vergiftet von dem breitestem Fötus.
Kennt ihr dieses Märchen? Nein?
<h3>Des Rätsels Lösung:</h3> <p>
anzeigen verbergenENTCHENS WICHTE ERBSEN ZWEIGEN BREITESTEM FÖTUS
SCHNEEWITTCHEN SIEBEN ZWERGE BÖSE STIEFMUTTER
Aber wo kommt das eigentlich her, so ein Anagramm?
Das erste belegte Anagramm lässt sich auf die Zeit um 320 v. Chr. datieren. In dieser Zeit lebte in Griechenland ein Dichter namens Lykophron aus Chalkis, der aus dem Namen seines Königs ein Anagramm formte, dass so viel bedeutete wie „von Honig“. Aber auch im 13. Jahrhundert im Orient und bei den Kabbalisten war die Herstellung von Anagrammen sehr beliebt. Vor allem wurden sie verwendet, um Texte zu verschlüsseln. Im 16. und 17. Jahrhundert wurden Anagramme zur Bildung von Pseudonymen benutzt. Wenn wir in alten, deutschen Schulbüchern stöbern, werden wir statt „Anagramm“ noch eher den Begriff „Letterkehr“ oder „Letterwechsel“ finden. Im deutschen Volksmund ist es bis heute noch als „Schüttelwort“ bekannt.
Arten von Anagrammen
Die seltenste Form von Anagrammen kommt bei den Wörtern vor, die sich vorwärts und rückwärts lesen lassen. Solche Wörter sind zum Beispiel: Regal, Regallager, Otto, Rentner oder neben. Die Art von Wort nennt sich auch Palindrom. Die bildliche Form von Palindromen nennt man wiederum Ambigramm. Ambigramme sind meistens Schriftzüge von Palindromen, die man um 180 Grad drehen kann und sie trotzdem noch genau den gleichen Schriftzug oder das gleiche Symbol bilden. Die einfachste Form des Anagramms ist der Buchstabendreher. Hier werden einfach nur zwei Buchstaben innerhalb eines Wortes vertauscht, ob zusammenhängend oder nicht:
Almheizer / Alzheimer,
ekeltronisch / elektronisch oder
Mausheister / Hausmeister.
Es lässt sich also hier auch am einfachsten erkennen, welches Ursprungswort sich hinter dem Anagramm verbirgt. Solche Buchstabenverdreher passieren meistens durch Versprecher. Aber wir kennen sie natürlich alle, die Komiker, die mit derartigen Wortverdrehern herumalbern: Otto Waalkes, Heinz Erhardt oder Helge Schneider.
Das Anagramm in der Literatur
Bereits Dante Alighieri benutzte Anagramme als Stilmittel in seiner Göttlichen Komödie. Anfang des 20. Jahrhunderts erlebten die Anagramme nochmals eine heiße Phase während des Dadaismus und des Surrealismus. Beispiele für Autoren wären zum Beispiel Unica Zürn und Gerhard Rühm. Aber auch Kurt Mautz oder Esther Spinner haben sich innerhalb ihrer Werke mit Anagrammen beschäftigt.
Suchtverhalten von Esther Spinner
Nerv suchte Halt
Haltversuch ent-
nervt. Lach, huste
versuch Enthalt.
Aktuelle und witzige Beispiele für die Benutzung von Anagrammen in Literatur sind die Bücher von Walter Moers. Dieser hat in seinen Zamonienromanen einfach Anagramme aus berühmten Schriftstellern gebildet. So wurde aus Gottfried Keller ein zwei Meter großer Schweinling namens Gofid Letterkerl, aus E.T.A. Hoffmann wurde Fatoma Hennf, aus William Shakespeare wurde Eseila Wimpershlaak oder aus Friedrich Hölderlin wurde ein Schriftsteller mit dem wundervollen Namen Dölerich Hirnfidler. Aber nicht nur Walter Moers hat Namen in seinen Romanen verdreht. Vladimir Nabokov hat sogar seinen eigenen Namen als Anagramm in seinem Roman Lolita verwendet. Dort gibt es einen weiblichen Charakter namens Vivian Darkbloom.
Anagramme in Filmen
Natürlich haben sich auch Filmemacher vor der Benutzung von Anagrammen nicht gescheut. Ob als Titel oder handelnde Personen – auch hier gibt es mehr Beispiele als man aufzählen kann. Das Drama October Sky basiert zum Beispiel auf dem autobiografischen Roman Rocket Boys von Homer Hickam und ist auch gleichzeitig sein Anagramm. In Stanley Kubricks Shining aus dem Jahr 1980 schreibt der kleine Sohn Danny mit dem Lippenstift seiner Mutter das Wort REDRUM an den Spiegel. Wenn wir dieses Wort rückwärts lesen und ins Deutsche übersetzen, heißt es Mörder und ist damit eine Anspielung auf seinen verrückt gewordenen Vater. Die BBC-Serie Torchwood ist ein sogenanntes Spin-Off, also ein Ableger, der Serie Doctor Who und ist ebenfalls ihr Anagramm. Im Film Shutter Island bildet sich ein gewisser Edward Daniels einen Mann namens Andrew Laeddis ein, der in Wirklichkeit nicht existiert und ebenfalls lediglich ein Anagramm seines eigenen Namens ist. Außerdem ist der Titel Shutter Island ein Anagramm für Truth and Lies (Wahrheit und Lüge) und damit auch einer der schönsten Hinweise der Filmgeschichte. Ach, wusstet ihr eigentlich, dass Tom Marvolo Riddle aus Harry Potter ein Anagramm für „I am Lord Voldemort“ ist?
Spaß mit Anagrammen
Falls ihr selbst Anagramme erstellen wollt, zum Beispiel aus euren eigenen Namen, dann besucht doch unseren Anagramm-Generator! Vielleicht könnt ihr ja auch noch ein paar Märchen verdrehen und eure Freunde und Familie raten lassen. Oder ihr schaut euch unsere Seite mit lustigen Anagrammen an. Mehr Informationen über Anagramme gibt es bei uns natürlich auch. Viel Spaß dabei!
Bildquellen
- anagramme im roman bei walter moers 01: Bildrechte bei der 1337 UGC GmbH
- anagramm mama garn: Bildrechte bei der 1337 UGC GmbH