Eine Analyse von Spielen der Deutschen Scrabble - Meisterschaft 2017

von Johannes Naumann.

Scrabble ist kein Zuschauersport. Der Tanz der Buchstaben bleibt größtenteils verborgen vor der Allgemeinheit. Außer beim Finale der Deutschen Meisterschaft gibt es von den 660 Spielen und über 600.000 gelegten Buchstaben keine öffentliche Aufzeichnung. Die Notation der Spiele erfolgt in der Regel nicht ausreichend, um Spiele nachvollziehen zu können. Dafür müssten beide Mitspieler Ihre Bänkchen oder die Restbänkchen bei jedem Zug notieren. Das Reglement verlangt nur die Notation der Punktzahl.

Um das eigene Spiel zu verbessern, habe ich es mir angewöhnt, die Restbänke zu notieren und die Spiele mit Hilfe des Computers zu analysieren. Die Restbänke notiere ich, indem ich das gelegte Wort zuerst und nach einem Bindestrich die verbleibenden Buchstaben aufschreibe, gefolgt von der Punktzahl, z.B. Zug Nr.1: LID-HLED? 18 Einen Tausch notiere ich ähnlich z.B. FBUCMZ-E, und die Punktzahl 0.

Bei der DM 2017 hatte ich durch einen beispiellosen Fall von Platz sechs nach Spiel elf auf Platz 47 nach Spiel 20 die Gelegenheit, mit sehr unterschiedlich starken Kontrahenten zu spielen. Um mit den Kapriolen des Buchstabenglücks umgehen zu können, muss man sich ein dickes Fell zulegen und darauf vertrauen, dass das Glück sich bei einer größeren Anzahl von Spielen ausgleicht. Bei einzelnen Spielen kann jeder mit guten Buchstaben auch mal den Deutschen Meister besiegen. So habe ich meinen höchsten Gewinn der DM mit +180 Punkten gegen einen Spieler von Platz Nr. 6 der Elo-Rangliste und den größten Verlust mit -159 Punkten gegen die schwächste Gegnerin des Turniers eingefahren.

Jedes der 20 Spiele hatte für mich ein paar Lektionen parat, die sich erst in der Fehler-Analyse gezeigt haben. Hier könnt Ihr die Spielanalysen der ersten acht Spiele anschauen.

Erstes Spiel: Anna-Elisabeth Grabbe gegen Johannes Naumann

Die Hauptlektion dieses Spiels: Wortwissen verbessern – selbstverständlich ist das Kennen der spielrelevanten Wörter ein entscheidender Vorteil beim Scrabble.

Zug 2: 10F L(A)NDWEHr hätte 9 Punkte mehr als WäHLEND gebracht

Zug 4: Statt FBUCMZ-E zu tauschen, hätte ich F10 FEZ führ 29 legen können. Selbst wenn die Restbank mit BCUM etwas schwierig aussieht, sind 29 Punkte nicht zu verachten. Das F doppelt auf dem Dreifachen bringt allein schon 24 Punkte. Der Tausch zahlt sich hier zwar aus mit einem Bingo im nächsten Zug, FEZ wäre trotzdem der bessere Zug gewesen.

Zug 9: statt 14C TERM-RMS 36 hätte ich 14B STREMM-M 58 legen können, wenn ich das Wort gekannt hätte. Die Gegnerin hat übrigens PIZE angezweifelt.

Zug 13: statt M2 (H)Ä 16 wäre 10D AG(NA)T 37 eine elegante Option gewesen, doch weder APIZES noch GODER waren mir geläufig. Der Computer bewertet zwar HÄ höher als AGNAT durch die gute Restbank, doch das Spielfeld ist schon recht verbaut und statt auf ein Bingo zu sparen kann man hier auch die 37 Punkte mitnehmen.

Zug 14: Ich musste I8 ET vom Brett nehmen, weil DASE* ungültig ist. DASE ist norddeutsch für Bremsen, steht aber nicht im Duden.

Das zweite Spiel zog sich über 24 Runden: Ulrike Brodkorb – Johannes Naumann

Dieses Spiel hat sich lange hingezogen, über 24 Runden, weil ich meine Bingo-Chancen nicht nutzen konnte. Wir kamen beide in Zeitnot. Bingoreiche Partien können in 12 -13 Runden und 20-30 min vorbei sein.

Die Lektion hier ist: Beizeiten Bingos legen und dafür mehr Zeit und Energie investieren.

Zug 6: statt 13G CHI-REIS 18 hätte ich 10A IRISCHE 74 legen können, habe aber weder die Anlegestelle bei 9G noch das Wort gesehen. Im Nachhinein ein machbarer Bingo.

Zug 8: Die gleiche Stelle bietet sich noch immer an: statt O7 DAU-AEL? 18 gibt es gleich 5 Bingo-Möglichkeiten. Was würdet Ihr aus AADELU? machen. Die Lösung findet Ihr auf wort-suchen.de in der Scrabble Hilfe.

Zug 9: Statt meinem Zug 10F LA-INEU? 14 gäbe es sechs verschiedene Bingos am gleichen Ort. Findet Ihr alle?

Auf dem Blanko habe ich noch länger gesessen, in Zug 16 gab es noch eine letzte Chance, doch ich legte 14 B HE-AETT? 19. Schöner, aber schwer zu finde wäre natürlich B6 bETTHA(S)E 68 gewesen. Trotz dieser Fehler habe ich mit 100 Punkten Vorsprung gewonnen, dank Fortuna.

Anagrammieren muss gelernt sein: Karin Krämer - Johannes Naumann

Dieses Spiel bestätigt die beiden ersten Lektionen: Wörter kennen, gründlich nach Bingos suchen und das funktioniert nur, wenn man Anagrammieren kann. Es reicht nicht, die Wörter mal gelesen zu haben, man muss sie auch schnell im Buchstabensalat sehen. Anagrammieren kann man trainieren, mit Lernkarten, Zyzzyva oder mit dem wort-suchen.de Scrabble Trainer. Dabei empfiehlt es sich, mit den wahrscheinlichsten Wörtern anzufangen.

Zug 3: Statt 10F NUS – URS? 18 besser 8A tURNUSS(E) oder 8A bURNUSS(E)

Zug 4: Statt 8G M(E)HR - SUB? 22 besser C8 tHR(O)MBUS

Zug 5: Statt 12B ABI –UMS? 19 hätte ich K2 BArIUMS oder D4 SUBLIMA(T) legen können. SUBLIMAT kannte ich nicht und bei BARIUMS war ich unsicher, ob MEHRS gültig ist.

Zug 7: Gleich 3 Bingos wären hier möglich gewesen. Statt B11 LATS-MAS? 18 ist die beste Lösung B7 MASSh(A)LT. Immerhin wurde LATS erfolglos angezweifelt. Welche 2 anderen Bingos sind hier an anderen Stellen möglich?

Zug 8: Der bessere Zug ist O8 ANpUMpS(T) 83

Im Endspiel wäre es gewinnbar gewesen: Ute Kneist vs. Johannes Naumann

Lektion: Im Endspiel teure Buchstaben abspielen, abstreichen und mit Kenntnis der gegnerischen Bank spielen.

Dieses recht knappe Spiel wäre im Endspiel gewinnbar gewesen. Sobald der letzte Buchstabe gezogen ist, entfällt der Zufallsfaktor und man kann wie beim Schach sichere Aussagen über die Züge machen, die zum Sieg führen. Der Screenshot der Analyse zeigt diesen Moment im Spiel.

Auf meiner Bank sind ACEIOOR und auf Utes Bank ELRSSTT. Welcher Zug führt zum Sieg?

Jeder hatte drei Bingos: Sowohl Johann-Georg Dengel als auch Johannes Naumann

Lektion: Hast Du einen guten Zug gefunden, suche einen besseren.

In diesem ausgewogenen Spiel hatte jeder drei Bingos, das Spielfeld sieht dementsprechend aufgeräumt aus. Das Notationsblatt ist mit 12 Runden nur halbvoll. Dennoch zeigt die Analyse Raum für Verbesserung. Da bei vielen Bingos das Spiel in der Regel schneller vorbei ist, kann man auf die Bremse treten, konsequent Buchstaben abzustreichen und sehr gründlich nach den besten Zügen suchen. Der australische Experte John Holgate schätzt, dass jedes fünfte Scrabble- Spiel durch die Kenntnis oder Unkenntnis der gegnerischen Bank entschieden wird. Das Abstreichen ist also sehr hilfreich. Selbst in Spielen, die klar gewonnen oder verloren sind, kann man die Punktebilanz verbessern. John Holgate empfiehlt auch: Spiele das Turnier, nicht nur das Spiel. Das heißt, auch dann alles zu geben, wenn das Spiel schon entschieden ist. Das beste Maß für die Turnierleistung ist in meinen Augen die Punktedifferenz, nicht die Anzahl der Siege. Ein Sieg kann wenige Punkte Vorsprung bedeuten oder hunderte von Punkten.

Zug 1: ABGLEIt ist nur eine von 14 Möglichkeiten hier, BEnGALI wäre hier noch besser. Bei punktgleichen Lösungen ist das ungewöhnlichste Wort das Beste, da es eine Anzweiflung herausfordern kann. Wenn man defensiv spielen möchte, bieten sich ABLIEGt oder BEILAGt an, die man nicht verlängern kann.

Zug 2: Statt 5H (G)OLD-HUIS 14 hätte ich 2J HILUS 31 legen können. Sicher ist es gut, O und D abzuspielen, doch nicht für diesen Punkteunterschied. Außerdem ist eine Restbank mit U und I ungünstiger als eine Restbank mit entweder U oder I. Wenn man die Wahl hat, ist es auch besser, I anstelle von U zu behalten, da es mehr 7- und 8-buchstabige Wörter mit I als mit U gibt.

Zug 5: 14E SÄ-AFUSÖ 39 – Hier habe ich gleich nach dem Zug gemerkt, dass AUSSÄ 64 auch möglich gewesen wäre. Es lohnt sich immer, einen gefundenen Zug noch mal zu prüfen und sich nicht hetzen zu lassen.

Zug 6: 13C ÖRES-AFU 33 ist ein schöner Zug, aber nur der siebtbeste. Wie lautet der beste Zug? Hinweis: Es ist ein Bingo mit 8 Buchstaben: AEFRSUÖ?

Zug 8: Ich habe B13 GAU-ACET 21 gelegt, der beste Zug 4F CAB-AEGTU 13 macht Sinn durch die gute Restbank, das C und das zweite A werden abgelegt. GAU habe ich wegen dem schönen Fronthook G-ÖRES gelegt. Es ist manchmal verlockend, Wörter wegen Ihrer Schönheit und Eleganz zu legen, auch wenn es Punkte kostet. Besser ist es, sich das Wort zu notieren, sich an der Möglichkeit zu freuen und mit dem strategisch besten Zug fortzufahren.

Ein eng verbautes Brett beim Spiel Johannes Hasch gegen Johannes Naumann

Im sechsten Spiel der letzten Meisterschaft 2016 traf ich auch auf Johannes Hasch und verlor mit fast 300 Punkten. Ganz anders das diesjährige Spiel: Wir haben das Brett so eng verbaut, dass am Ende weder E noch N unterzubringen waren. Ich hatte im ganzen Spiel keine einzige Bingo-Chance. Mit wachsender Spielstärke sollten solche Klein-Klein-Spiele seltener werden.

Die Lektion des Spiels: Bingo-Chancen erhöhen durch restbankorientiertes Spiel, siehe z.B. Zug neun.

Zug 5: J6 ZU(DEM)-OGEDS 15 ist kein guter Zug gewesen, 8J (D)UODEZ 33 ist der Favorit.

Zug 6: H12 LYSE-GOID wurde zu Recht angezweifelt. Gültig wären nur LYSEN oder LYSIS. Mein bester Zug wäre L4 YOGIS für satte 44 Punkte gewesen.

Zug 9: N2 HEILS-ST 28 ist kein schlechter Zug. Der beste Zug ist aber das unscheinbare 11C (A)H-SEILST 16. Die Restbank EILSST bewertet der Computer mit 22,5 Extrapunkten durch die guten Bingo-Chancen im Folgezug.

Vervielfachung von Bonusfeldern: Dorothea Delpino – Johannes Naumann

Es gibt etliche Möglichkeiten, wie sich Bonusfelder vervielfachen können: zweimal Doppelter Wortwert, oder die Verbindung von Dreifachem Buchstabenwert mit dem Doppelten Wortwert, oder der Doppelte Buchstabenwert mit dem Dreifachen Wortwert, etc. Diese Kombinationen bringen oft erstaunlich viele Punkte.

Zug 1: Statt dem instinktiven Abspielen des X mit 9G HEX-VORN 33 hätte ich 5E VER(R)ROHN für 56 Punkte legen sollen.

Zug 5: K10 FADO-SATT 16 bringt deutlich weniger Punkte als L8 FA(M)OS 30, dank dem F auf dem Doppelten Buchstabenwert.

Kein grüner Zweig im achten Spiel für Johannes gegen Doris Methner

In diesem Spiel bin ich nicht auf einen grünen Zweig gekommen.

Zug 8: Doris hat das ungültige BISTUMe* gelegt, ohne das es mir aufgefallen ist.

Auch dafür ist die Analyse der Spiele wichtig, sonst prägt man sich falsche Wörter ein. Scheinbar ist es unüblich, dass Wörter mit der Endung –TUM ein Dativ-E annehmen. Die einzigen Ausnahmen sind EIGENTUME, VIZTUME, und WITTUME. Statt BISTUME hätte Doris ein anderes Anagramm legen können. Welches Wort ist gemeint?

Interessant ist auch der Zug Nr.9 Ich liege 59 Punkte zurück und muss die Restbank für einen Bingo optimieren: Statt O1(L)EIMT-HRT 24 wäre J14 HM-EIRTT 21 besser mit über 20 Punkten und dem besseren Rest: EIRTT.

Mehr über taktische Erwägungen im Scrabble erfährst du in unseren zahlreichen Artikeln. Unsere Scrabble Hilfe untersützt dich zudem beim Üben für das nächste Scrabble-Spiel, sei es mit Freunden oder bei einem Turnier.