Sie BUCHT die BUCHT – Scrabble und die Betonung von Wörtern
Manchmal übersehe ich bei den Scrabble-Rätseln in der ZEIT etwas. Üblicherweise erfahre ich davon bereits im Laufe des Donnerstagvormittags - manche Enthusiasten stürzen sich halt als Erstes auf die Scrabble-Ecke. Mir fällt kein Zacken aus der Krone, wenn ich hin und wieder getoppt werde, solange es nicht überhand nimmt. Angesichts der mehr als 600.000 zulässigen Formen kann das passieren, finde ich. Doch neulich habe ich mich ganz schön geärgert – über mich.
Sebastian Herzog ist Mitgründer und Vorsitzender des Scrabble Deutschland e.V. Zuvor hob er im Jahr 2000 gemeinsam mit dem ZEIT-Redakteur Dr. Wolfgang Lechner das erste deutschlandweite Scrabble-Turnier, das ZEIT-Turnier, aus der Taufe. Mehr über ihn erfahrt ihr in einem unserer Interviews.
Da fanden Leser zwar keine wertreichere Lösung, aber zwei gleich hoch wie meine als Favoriten dotierten Begriffe. Diese hatte ich zwar auf dem Schirm, jedoch vermochte ich sie nicht anzulegen - weil ich eine Grundregel verletzte, die da lautet:
Achte auf Verlängerungsmöglichkeiten und die Betonung!
Auf dem Brett lagen lediglich drei Wörter:
TAUFE
ÖDE
BETON
Das Bänkchen zierten E,D,G,N,N, U und ein Blanko.
Unter den zahlreichen Möglichkeiten stachen DEHNUNG, WENDUNG und SENDUNG hervor, da diese – mit dem E BETON zu BETONE verlängernd – vierfach zählten.
Mein Fehler war anzunehmen, dass nur ein T, E oder ein S an BETON anlegbar wären, nämlich bei den Formen BETONT, BETONS, BETONE resp. dem Plural BETONE.
Doch weit gefehlt, wie mich die gewiefte Leserschaft knallhart wissen ließ: Auch ein angehängtes N ist regelkonform, wenn weder das Nomen BETON noch das Verb BETONEN als Grundlage dienen, sondern das Verb BETONNEN.
Im vorliegenden Fall brachten also UNDINGE und UNGNADE genauso viele Punkte wie meine Topwörter.
Die Betonung macht in manchem Scrabble-Spiel den Unterschied
Gerade unterschiedliche Betonungen sind es, die in so mancher Situation ungeahnte Optionen eröffnen. Nehmen wir mal die Wörter aus der Überschrift als Beispiel:
Wenn auf dem Brett BUCHT liegt und man das U im Kopf kurz betont, lässt sich der Begriff („die Bucht“) nicht durch einen einzelnen Buchstaben verlängern. Anders verhält es sich bei der vom Verb „buchen“ abgeleiteten Form „er/sie/es bucht“. Analoges gilt für SUCHT (sowie FLUCHT und WUCHT).
Ein weiteres Beispiel aus dem Scrabbler-Alltag ist ÖDEM als Dativ von ÖDE. Bei einer adjektivischen Ableitung (mit langem Ö und unbetontem E) ist hier Schluss, nicht jedoch, wenn das Nomen ÖDEM zugrunde gelegt wird.
Besonders interessant wird die Sache, wenn ein Wort mit einem einzelnen Buchstaben am Anfang verlängert werden soll.
Bei AGENDE, einem Begriff aus der evangelischen Kirche, wird das erste E betont und kurz ausgesprochen. Wer jedoch das A betont, kommt leicht auf die Formen JAGENDE, NAGENDE, RAGENDE, SAGENDE, TAGENDE, WAGENDE und ZAGENDE.
Andere Betonung, andere Möglichkeiten im Scrabble
Weitere Beispiele aus dieser Reihe von Wörtern, bei denen sich die Betonung (unter anderem durch veränderte Trennung) verschiebt:
AVIS und NAVIS
AYE und RAYE
BLAGE und ABLAGE
BLECKST und ABLECKST
BRAT und ABRAT
BRIEFST und ABRIEFST
DEN und IDEN
DEM und IDEM
EBENDER und GEBENDER
ERBLAST und VERBLAST
ERFIND und HERFIND
INTERN und WINTERN
MAMI und UMAMI
PIK und EPIK
Fremdsprachliche Begriffe können wertvolle Hilfen sein
Äußerst anspruchsvoll wird es bei Begriffen aus Fremdsprachen, bei denen sich die Aussprache ändert. Gerade zum Ende einer Partie hin, wenn das Brett ziemlich vollgelegt ist und die Anlegemöglichkeiten knapp werden, sind Anglizismen, Gräzismen etc. bisweilen wertvolle Hilfen, noch einzelne Buchstaben loszuwerden, etwa bei
DEAL und IDEAL
CHAT und ACHAT
CHIS und SCHIS
ETAT und BETAT
HEERS und CHEERS
HOSE und CHOSE
LANG und SLANG
LEVER und CLEVER
RAVER und BRAVER
SPRIT und ESPRIT
Diese Reihe lässt sich zwar nicht unendlich, doch episch ausweiten. Die Verlängerung eines Wortes durch nur einen Buchstaben am Anfang oder am Ende birgt den unschätzbaren Vorteil, die Punkte des bereits platzierten Begriffes zusätzlich einzuheimsen. Ideal ist dabei natürlich, wenn unterschiedliche Buchstaben ergänzt werden können, weil dadurch Flexibilität bei der Positionierung des in Querrichtung zu legenden Wortes entsteht.
Nehmen wir mal an, es liegt OST auf dem Spielfeld und zur Verfügung stehen die Buchstaben K, L, U, M, P, E und N. Dann gibt es mit KOST, LOST, MOST und POST vier Möglichkeiten, KLUMPEN anzulegen. Oder natürlich – den erfahrenen Scrabblern wird es gleich aufgefallen sein – das schöne Anagramm KUMPELN.
Bildquellen
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