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Die ersten Schritte eines Scrabble-Spielers Teil 2: Live und in Farbe

Die ersten Schritte eines Scrabble-Spielers Teil 2: Live und in Farbe

erstellt am von  in  Wortspiele 

von Ben Berger

In meinem letzten Artikel der Serie „Einführung in die Scrabblewelt“ habe ich die Möglichkeiten vorgestellt, Scrabble online zu spielen. Ungleich aufwändiger, aber in meinen Augen deutlich spannender ist jedoch das Spiel mit Gleichgesinnten – live und in Farbe.

Leider ist der Organisationsgrad im Scrabble deutlich geringer als etwa in anderen (Denk-) Sportarten wie etwa Bridge, Skat, Poker oder gar Schach.

So hat unser Verband „Scrabble in Deutschland e.V. (SDeV)“ gerade einmal knapp 100 Mitglieder. Im Vergleich hierzu hat der Deutsche Bridge Verband 29.000 Mitglieder und der Deutsche Skatverband 26.000 Mitglieder. An den verschiedenen Treffs des SDeV nehmen insgesamt etwa 300 bis 400 Spieler teil und am Turniergeschehen haben in den letzten zwei Jahren knapp 175 Spieler teilgenommen. Trotz des noch geringen Organisationsgrades gibt es zahlreiche, sehr reizvolle Angebote, mit anderen von Angesicht zu Angesicht zu spielen. Daher habe ich im Folgenden einen Überblick über diese Möglichkeiten zusammengestellt und bringe Euch auch näher, was Ihr dabei beachten solltet.

Ben BergerBen Berger gehört seit einigen Jahren zu den besten deutschsprachigen Scrabble-Spielern und landete bei Turnieren in Deutschland, Österreich und der Schweiz regelmäßig in den Top-Rängen. Für wort-suchen.de hat er sich bereit erklärt, einige Tipps und Tricks für Anfänger und Fortgeschrittene zu verfassen.

Von Regeln und Listen

Der erste Schritt ist neben dem Online-Spielen die Gewöhnung an „unsere“ Wortliste und die offiziellen Turnierregeln.

Regeln fern ab des Küchentischs

So wird bei unseren Treffs und Turnieren im Wesentlichen nach den in der Spielanleitung genannten Regeln und mit modernen, heute erhältlichen Scrabble-Spielen gespielt. Demnach sollten gerade ambitionierte Spieler darauf achten, dass sie nicht mehr mit den Regeln und der Ausrüstung von vor 1988 spielen, da dort die Wertigkeit und die Verteilung der Buchstaben stark von den heutigen abweicht. Außerdem wurde damals mit 8 statt heute 7 Buchstaben pro Bank gespielt. Ferner sind aber auch die weit verbreiteten „Küchentischregeln“, wie etwa das Austauschen der beiden Joker, wenn sie auf dem Spielbrett liegen,bei den von Scrabble in Deutschland organisierten Turnieren nicht erlaubt.

 

Die offizielle deutsche Scrabble-Wortliste

Der Hauptunterschied und die größte Hürde zwischen Spielen im Freundes- und Bekanntenkreis und dem organisierten Spielen begründet sich jedoch in der Nutzung einer festen Wortliste. Wo daheim oft große Streitigkeiten über die Gültigkeit von Wörtern entstehen, dürfen im Wettbewerbsgeschehen stets nur Wörter von der offiziellen deutschen Scrabble-Wortliste gelegt werden. Eine Wortliste, die der zuständige Ausschuss des SDeV in mühevoller Kleinarbeit auf Grundlage des Duden, 26. Auflage, zusammenstellte.

Ja, unsere Wortliste ist nicht perfekt. Ganz im Gegenteil, sie ist ausgesprochen unperfekt, sodass ich darauf auch in Bälde in epischer Breite eingehen werde. Für den Moment sei nur so viel gesagt: Ja, unsere Wortliste hat eine Menge logische Fehler und es lässt sich vortrefflich darüber streiten (was wir auch alle ausgiebig und mit Enthusiasmus tun), wieso Wörter wie „PSCHT“, „AUA“ und „RENAULT“ gültig sind, aber DEKO*, ANKEIFEN*, UNFEST* oder PEUGEOT nicht. An dieser Stelle müssen wir uns jedoch vor Augen führen, dass es sich um eine Konsensfrage handelt. Frei nach Winston Churchill: Unsere Wortliste ist die schlechteste aller möglichen Wortlisten. Mit Ausnahme aller anderen, die bisher ausprobiert wurden. Kurz und gut; es ist eine Notwendigkeit, dass eine gemeinsam genutzte Wortliste existiert und ich denke, unsere ist so gut oder schlecht wie jede andere, die von einer Gruppe als richtig empfunden wird. Der Vorteil unserer Liste ist, dass es eine Menge vom SDeV unterstützte Angebote gibt, die eben diese offizielle Wortliste zugrunde legen.

Existiert das Wort eigentlich?

Man sollte sich immer den Umstand vor Augen halten, dass die Unwissenheit über die Existenz eines Wortes nicht gleichbedeutend damit ist, dass dieses auch wirklich nicht existiert. Eine kurze Anekdote meinerseits: Als ich grade anfing, Scrabble auf Deutsch zu spielen, legte jemand das Wort GOF. Ich kannte es nicht und zweifelte es somit an. Jedoch war es gültig und ich las später nach, dass es als süddeutsch/alemannischer Begriff für ein nerviges Kind definiert ist. Da ich schon damals einige Jahre am Bodensee wohnte und das Wort zuvor nie gehört hatte, ärgerte ich mich darüber, was für realitätsferne Wörter der Duden beinhaltet. Keine drei Wochen später telefonierte ich dann mit einer Freundin aus der Gegend, woraufhin plötzlich Kindergeschrei bei ihr zu hören war. Meine Freundin entschuldigte sich daraufhin mit den Worten „warte mal, mein Gof plärrt grade… ." Von diesem Tag an behauptete ich nie wieder, dass es ein Wort nicht gibt, nur weil ich es nicht kenne.

Zurück zum Thema: Sich an die offizielle Wortliste zu gewöhnen, ist das A und O für Scrabble-Spieler, weshalb es sich empfiehlt, mit dem Freund/ der Freundin/ dem Ehe-/ Lebenspartner/ Nachbar/ Hausfreund/ Kneipenwirt und anderen die offizielle deutsche Wortliste zu benutzen. Hierfür kann man entweder den Turnier-Checker auf der scrabble-blog-Seite benutzen oder sich die offizielle, gedruckte Wortliste bei Scrabble Deutschland bestellen. Sie kostet 15€ plus Versand, erspart aber auch dem nicht ganz so ambitionierten Spieler viele Streitereien.

Gemeinsam Scrabbleln

Nun hat aber ja nicht jeder Spieler das Glück, einen Ehepartner, Lebensgefährten, Nachbarn oder Bekannten zu haben, der die Scrabble-Leidenschaft mit ihm teilt. Hat er dieses Glück doch, möchte er sich vielleicht auch mal live und in Farbe mit anderen Spielern messen. Für diesen Fall hält Scrabble Deutschland zwei Angebote bereit:

Die meines Erachtens beste Möglichkeit, sich an Live-Scrabble heranzutasten, ist der Besuch eines regelmäßigen Clubs /Treffs.

Auch wenn diese hiesigen Treffs selten den Organisationsgrad eines Tel Aviv Scrabble Club erreichen, bei dem ich angefangen habe und wo ich einmal wöchentlich gegen 25 bis 35 Personen im Alter von 20 bis 95 vom Anfänger bis zum WM-16 spielen konnte (ein wahres Scrabble-Schlaraffenland^^, Seufz). So ist hier der perfekte Ort sich langsam an starke Gegner und ein organisierteres Spiel zu gewöhnen. Natürlich gibt es auch hier Unterschiede, aber alle Treffs werden von erfahrenen Turnierspielern geführt und heißen Neulinge nur zu gern willkommen. Es sollte also niemand denken, dass er zu schlecht, zu langsam oder zu unerfahren sei, um an unseren Treffs teilzunehmen. Erstens sind einige Tipps und Tricks (2-buchstabige Wörter, „Schmarotzen“) schnell abgeschaut und zweitens gibt es ja den Faktor Glück, der auch dazu führt, dass ein noch nicht ganz so erfahrener Spieler einen Crack schlagen kann. Also nur Mut. Zumal in den meisten Treffs Spieler aller Spielstärken und mit sehr unterschiedlichem Ehrgeiz zu finden sind. Bei vielen Treffs ist es Anfängern zudem gestattet, noch die Wortliste oder wenigstens die 2-3-Buchstaben-Liste zu benutzen, damit sie zu Beginn nicht einen zu großen Nachteil erleiden. In jedem Fall gilt: Übung macht den Meister und so mancher Spieler, der am Anfang von den Cracks mit 500:250 auseinandergenommen wurde, erreicht schnell so manchen Überraschungssieg gegen einen ebensolchen Crack J.

Scrabble in Deutschland

Leider ist die Welt jedoch nicht immer gerecht, sodass die einzelnen Treffs etwas ungleich über die Republik verteilt sind: Die Metropole Hamburg beispielsweise kann nicht nur mit einem großen und traditionsreichen Turnier aufwarten, sondern verfügt zudem über gleich DREI verschiedene Scrabbletreffs. Auch Berlin hat einen regelmäßigen und gut besuchten sowie gutbesetzten Treff, der auch eine kleine, jährliche Meisterschaft abhält und sogar über eine Website http://www.obstaben.de/ verfügt. Eigene Websites unterhalten zudem auch die Scrabblefreunde aus Wien und der Schweiz, die gleich drei regelmäßige Treffs abhalten, einen in St. Gallen, einen in Uzwil und einen Zürich. Ein vierter Scrabble-Treff von ihnen findet zudem in unregelmäßgen Abständen in Bern statt.

Auch die meisten anderen Ballungsräume (Düsseldorf, Ostwestfalen-Lippe, Hannover, Rhein/Main-Gebiet, Rhein/Neckar-Gebiet, München, Raum Köln, Raum Bremen/Syke, Westerwald) verfügen über immer beliebter werdende Treffs, wovon jeder einzelne eine gute Anlaufstelle für neugierige Hobbyspieler ist. Auch Spieler auf der „Durchreise“, die sich just zum Zeitpunkt des Events in einer betreffenden Stadt aufhalten, sind in aller Regel herzlich willkommen.

Versuche Scrabble-Treffs aufzubauen sind derzeit auch in Rosenheim, Bühl/Karlsruhe, Cuxhaven, Sachsen, Neumünster, Greifswald und einigen anderen Regionen zu beobachten, hier ist die Entwicklung der jeweiligen Treffs abzuwarten, aber solltet Ihr aus der Region kommen und Ihr Interesse haben wäre es schön wenn Ihr Euch bei mir oder SDeV meldet.

Der Vollständigkeit halber seien aber auch die weißen Flecken auf der Landkarte erwähnt, zu denen vor allem der Osten Deutschlands (außer Berlin) und weite Teile des Südens gehören. Zwar liegen dort unsere größten Städte und Ballungsräume (Dresden, Leipzig, Nürnberg/Franken, Stuttgart/Schwaben, Südbaden), jedoch verfügen kaum über Möglichkeiten für Scrabbler, dort regelmäßig spielen zu können. Eine Begründung für diesen Zustand gelingt nur schemenhaft. Bis heute scheint bspw. in Ostdeutschland der Umstand nicht überwunden zu sein, dass Scrabble in der DDR nicht erhältlich war. Im Süden gab es hingegen lediglich in den Jahren 2011 und 2012 ein Turnier in Augsburg, aber seitdem kein einziges mehr.

Spielpartnersuche

Solltet Ihr aber aus einer dieser Regionen kommen, sei Euch die Spielpartnersuche auf der Website von Scrabble Deutschland e.V. helfend ans Herz gelegt.

Ihr könnt Euch aber auch direkt über wort-suchen.de an mich wenden: post@wort-suchen.de

Dort könnt ihr nachsehen, ob es in eurer Gegend andere Scrabblespieler gibt und euch dann zwecks Kontaktaufnahme an Scrabble Deutschland wenden. Zusätzlich habt ihr auch die Möglichkeit, euch dort registrieren zu lassen, damit evtl. andere Spieler auf euch aufmerksam werden. So gibt es ggf. auch in ländlicheren Regionen den einen oder anderen Hobby-Profi-Scrabbler, der sich nur zu sehr freuen würde, wenn er jemanden hätte, den er unter seine Fittiche nehmen kann oder mit dem er gemeinsam besser werden kann. Natürlich sind nicht alle Vollprofis bereit, jedem das kleine ABC zu erklären und (wie überall) möchte nicht jeder mit jedem ganze Nachmittage verbringen. Doch die meisten sind über jeden neuen Charakter , den sie kennen lernen, froh. Einen Versuch ist eine Kontaktaufnahme jedoch immer wert. Und gerade, wenn man schon einige Male online gespielt hat, ist der Sprung an das wirkliche Scrabble-Brett mit echten, menschlichen Kontrahenten gar nicht mehr so groß. So wird es vielleicht auch für euch eine Freude sein, zu bemerken, dass ihr euch langsam aber stetig verbessert und die einstmalige nur schwer zu erreichende 300-Punkte-Marke bald nur noch eure Untergrenze darstellt.

Bildquellen

  • Ben Berger: Clemens Beier
  • Mit verschränkten Armen grübelt Ben Berger über dem nächsten Wort.: Juliane Fritz