Mein erstes Scrabble-Turnier – Ein Erfahrungsbericht Teil 2
Partie vier – Die Macht des Zweifelns
Gegen Jürgen läuft es überraschend gut für mich. Vor allem habe ich aus dem gestrigen Tag gelernt und bin kritischer gegenüber den gelegten Begriffen. Mit HASSEND gelingt mir recht früh ein Bingo, doch es bleibt eng.
Dann der erste Höhepunkt. Mein KREOL wird angezweifelt. Nicht, dass ich mir sehr sicher bin, ob es in dieser Form gültig ist, aber es erfüllt mich schon mit Stolz als ich die Anzweiflung überstehe.
- KREOL
- Mischsprache in ehem. Kolonien
Mit SEHENDEN gelingt mir dann ein weiterer Bingo und ich ziehe punktemäßig voran. Jetzt legt Jürgen den Bingo *GRUMMEN über den dreifachen Wort-Wert. Diesen zweifle ich erfolgreich an, auch wenn ich mir nicht ganz sicher bin, denn es klingt ja erstmal sehr deutsch.
Dieses Spiel zeigt mir deutlich, wie wichtig das Anzweifeln ist. Was ich schon vorher mehrmals gehört habe, bestätigt sich hier: man muss nicht nur möglichst viele Wörter kennen, um sie zu legen, sondern auch, um die Wörter seiner Gegner zu evaluieren.
Das Spiel endet mit 493:338 für mich.
In einem Pausengespräch diskutieren wir über die Vorsilbe von *VIEREN. Ist es AUF-, AB- oder AN-? Beim Nachschlagen in der Scrabble-Hilfe stelle ich noch fest, dass es ABVIEREN und ABFIEREN gibt.
- ABVIEREN
- vierkantig zuschneiden
- ABFIEREN
- etwas an einem Tau herunterlassen
Platz fünf nach Runde vier. Jetzt werden einige schon denken, dass ich eine Turnier-Überraschung werde. Mich beunruhigt eher die Aussicht auf die nächsten Gegner.
Partie fünf – Endkampf
Meine fünfte Partie bestreite ich gegen Tatjana. Sie beginnt mit einem Bingo, ich ziehe im zweiten Zug mit ERDETEST nach. Wir liegen lange gleich auf, doch im Endkampf unterliege ich durch einen Fehler, den ich vielleicht hätte vermeiden können.
Ich habe in den letzten Zügen noch das Q erhalten und Schwierigkeiten es anzulegen. Ich entscheide mich für *QUOT, das nicht gültig ist. Tatjana erzählt mir später, dass sie es nicht angezweifelt hat, weil sie mit einem I ein QI über den dreifachen Wort-Wert legen konnte. Mit diesem Zug hat sie mich deutlich abgehängt.
Zu dieser Zeit haben wir keine Buchstaben mehr im Säckchen. Ich hätte also durch Abstreichen wissen können, dass sie noch das I hat. Es wäre sogar Zeit gewesen in den letzten Minuten zu zählen.
Das Spiel verliere ich mit 425:388
Partie sechs – der Präsident
Das nächste Spiel führe ich gegen Sebastian, der hier von vielen auch „Präsident“ genannt wird, weil er Vorsitzender des Scrabble Deutschland e.V. ist.
Mit FÜRSTIN und ERLANGER gelingen mir, wie ich finde, zwei sehr schöne Bingos. Ich liege kurz vor Schluss auch vorne und Sebastian nimmt sich plötzlich etwas mehr Zeit zum Legen.
Den Endkampf verliere ich, auch wenn ich nicht mehr rekonstruieren kann, ob ich überhaupt eine Chance gehabt hätte. Ich habe aber wieder nicht abgezählt.
Mit 397:380 ein gutes Ergebnis gegen den Präsidenten.
Partie sieben – Vorsichtiges Abstreichen
Nach den letzten beiden Niederlagen bin ich auf Platz 15 abgerutscht und ich habe das Gefühl, dass das nicht das Ende ist.
Mit Renate spiele ich jetzt gegen eine weitere erfahrene Spielerin, habe aber schon zu Spielbeginn SENKENS auf dem Bänkchen das ich noch schnell zu KNETENS ändere um das K auf den doppelten Buchstabenwert zu bringen.
Aufgrund des geringeren Drucks beginne ich mit dem Abstreichen der Hochkaräter wie ÄÜÖQXY und einigen weiteren. Bringen tut mir das aber wenig.
Mit ABLUDEN gelingt mir dann später noch ein weiterer Bingo auf den ich stolz bin und da Renate kein Bingo-Glück hat, geht die Partie trotz der Buchstaben WYEBQO im Endkampf dann mit 389:274 an mich.
Partie acht – LAMEE und MAKIS
Ich stehe jetzt auf Platz 10 und treffe auf Johann.
Gleich zu Beginn lege ich AKIS. Johann nutzt es um MAKIS und LAMEE zu legen, die ich beide sofort anzweifle. Schon beim Gang zum elektronischen Schiedsrichter bin ich mir bei LAMEE nicht mehr so sicher und es stellt sich heraus, dass beide Wörter gültig sind. Jetzt wird mir klar, was das für ein Spiel wird.
- AKIS
- Genitiv von AKI, Kurzwort für Aktualitätenkino
- MAKIS
- Genitiv von MAKI, Halbaffenart auf Madagaskar
- LAME
- Gewebeart
Auch wenn uns beiden „nur“ jeweils ein Bingo gelingt, so habe ich das Gefühl, dass Johann das Spiel besser im Griff hat. Der Endstand zeigt mit 427:345 deutlich meine Niederlage.
Partie neun – Der Abstieg
Spiel neun trage ich gegen Elke aus. Es wird mein bisher schlechtestes Spiel. Ständig riecht mein Bänkchen nach einem Bingo, doch dann ziehe ich nur unpassende Buchstaben nach. Es gelingen mir bis zum Ende kein Bingo und auch keine sonst hervorzuheben Züge. Auch solche Spiele muss es wohl geben. Damit befinde ich mich wieder auf dem absteigenden Ast.
Endstand: Niederlage mit 299:419
Partie zehn – Verzählt
In Partie zehn treffe ich auf Claudia B. Ich stehe jetzt auf Platz 22.
Zwar kann ich gleich im ersten Zug mit SCHOREN einen Bingo unterbringen, doch Claudia zieht nach und nach an mir vorbei.
Irgendwann beginne ich abzustreichen, muss mich aber irgendwo verzählt haben, so dass ich nicht wirklich weiß, was sie auf der Hand hat. Zudem sind meine eigenen Möglichkeiten auch so begrenzt, dass es mir nichts gebracht hätte.
Am Ende verliere ich in einem Spiel auf hohem Niveau mit 427:411.
Partie elf – Wortschatz
Auch Spiel elf verliere ich mit 293:318 knapp gegen Peter. Niemandem gelingt ein Bingo. Interessant sind eher die gelegten und ungelegten Wörter.
Das gültige EMAIL habe ich nicht gelegt, da ich mir unsicher war. Peter legte DAMME das ich zu Recht nicht angezweifelt habe, obwohl ich mir unsicher war. KAT und BOGIG gehen auch, lege ich aber nicht. GESOCKS konnte ich als Bingo leider nicht unterbringen.
Mein Höhepunkt war das Legen von KOGE und POLO in einem Zug. Auch auf *GEHLS war ich zunächst ganz stolz, weil ich mich an GEHL erinnert habe. Allerdings handelt es sich dabei um ein Adjektiv und kann daher nicht mit S am Ende erweitert werden. Zum Glück hat mein Gegner das übersehen.
- KOGE
- Dativ von KOG, dem Meer abgerungenes Land
- POLO
- Sportart zu Pferde
- GEHL
- gelb
Peter scheint zu den wenigen erfahrenen Spielern zu gehören, die nicht abstreichen. Dennoch habe ich das Gefühl, dass er den Endkampf beherrscht, als er mir eine lukrative Anlegestelle zubaut und ich trotz guter Buchstaben keine Chancen mehr habe.
Der zweite Tag ist vorbei. Heute habe ich acht Mal gescrabbelt. Ich bin eher überrascht, dass ich nicht todmüde mit Kopfschmerzen ins Bett falle. Irgendwie bin ich wohl in Schwung gekommen.
Partie 12 – Mein fünfter Sieg
Sonntag, der letzte Tag der Scrabbinale. Ich liege auf Platz 33 und damit dort, wo ich hin wollte. Nur habe ich dafür schon vier Siege gebraucht und das Mittelfeld ist sehr eng.
Im 12. Spiel gegen Marianne liegen wir trotz meiner zwei Bingos SCHMALE und TOSENDEN gleich auf. Auch ohne Abstreichen habe ich im Endkampf Glück und gewinne mit 366:372 knapp.
Als ich nach dem Spiel ACENOS_ nachschlage lerne ich, dass ich ACETONS und SECONDA hätte legen können, aber auf solche Begriffe komme ich aktuell noch nicht.
- ACETONS
- Genitiv von ACETON, eine chem. Verbindung
- SECONDA
- Angehöriger der zweiten Generation von Zuwanderern
Partie 13 – noch viel zu lernen
Das letzte Spiel gegen Angelika M. bietet nochmal alles an Spannung, was ein Turnierspiel für einen Anfänger wie mich zu bieten hat.
Trotz zweier Bingos meiner Gegnerin und keinem eigenen schalge ich mich wacker. Dass ich mit den Buchstaben ACEINRT und einem freien K nicht auf AKTRICEN komme, ärgert mich nicht, doch weder *TRICKE noch *TRICKEN meiner Gegnerin zweifle ich trotz komischem Gefühl an.
Mutiger bin ich dann bei dem Bingo *MITTURNE, worauf ich jedoch den wahrscheinlich spielentscheidenden Fehler mache.
Das Legen von KRENS und das von meiner Gegnerin unangezweifelte *KAMET mit stolzen 54 Punkte begeistert mich so, dass ich die Anlegestelle für einen weiteren Bingo weiterhin offen stehen lasse. So kann Angelika im nächsten Zug mit MUTIEREN punkten und sich den Sieg sichern.
In diesem Spiel habe ich ebenfalls abgestrichen und weiß gegen Ende, dass sie noch ÄEJU auf der Hand hatte. Doch auch das hilft mir nicht mehr.
Mit einem Q auf der Hand verlor ich dann mit 378:354.
Fünf Siege und Platz 34
Am Ende des Turniers lande ich auf Platz 34 und damit genau auf der von mir anvisierten Position. Dafür habe ich allerdings fünf Siege und eine positive Punktebilanz gebraucht. Ein Punkt mehr in der Bilanz und ich wäre sogar noch um einen Platz nach vorne gerutscht.
Zweiter Platz beim Pechvogel
Die umfangreiche Statistik zum Turnier, die sich hier auch online einsehen lässt, führt neben der Endwertung auch verschiedene weitere Tabellen auf: darunter die des „Pechvogels“. In dieser liegen jene Spieler ganz vorne, die mit den geringsten Abständen verloren haben. Das bringt mich dabei auf Platz zwei.
Was das bedeutet hat mir ein anderer Spieler in einer Pause erklärt: Wer häufig knapp verliert, hat Probleme im „Endkampf“. Als Vorbereitung auf das nächste Turnier muss ich also irgendwie das Abstreichen üben und gegen Ende die möglichen Züge meines Gegners voraussehen. So kann ich beim nächsten Mal vielleicht noch ein bis zwei Spiele mehr für mich entscheiden.
Scrabbinale 2016
Ich habe bei der Scrabbinale definitiv Blut geleckt und überlege schon, an welchem weiteren Turnier ich noch teilnehmen werde. Die Scrabbinale 2016 plane ich in jedem Fall ein.
Noch ein paar abschließende Sätze für all jene, die noch darüber nachdenken, ob sie sich mal auf ein Turnier wagen:
Schaut zunächst einmal, ob ihr vor Ort eine Scrabble-Gruppe findet. Eine Liste gibt es auf der Seite des Scrabble-Deutschland e.V.. Bei solchen Treffen bekommt ihr nicht nur gute Tipps, sondern könnt euch mit dem Live-Spielen rechtzeitig auf ein Turnier vorbereiten.
Eine Liste mit den Turnieren findet ihr sowohl bei wort-suchen.de als auch im Scrabble-Blog.
Die Scrabbinale 2015 war auf jeden Fall wieder sehr gut organisiert, alle Neulinge wurden sehr herzlich und unterstützend aufgenommen und es war überhaupt sehr spannend so viele verschiedene Leute mit dem gleichen Hobby kennenzulernen.
Wir sehen uns also auf der Scrabbinale 2016?
Bildquellen
- Scrabbinale 2015: Bildrechte bei der 1337 UGC GmbH